Donnerstag, 17. November 2011

Beigeschmack: Traditionelle Bildsprache in Bayern - nicht überall kommt sie gut an...

Immer wieder haben wir hier in der Agentur Diskussionen, wenn uns Kunden Bilder mit Dirndl und Janker als Imagematerial zur Verfügung stellen. Nicht selten stellt sich ein unangenehmes Gefühl historischer Erinnerung ein. Bayern und Tracht ist nicht Deutschland sondern wirklich ein sehr regionales Phänomen. Selbst ich, die ich echte Tracht liebe und auf dem Land - authentisch getragen - begeistert sehe und studiere, erlebe sie hier in München oft als Verkleidung oder Ausdruck sehr konservativer Grundhaltung. Außerhalb Bayerns ernte ich nur Kopfschütteln bis aggressive Ablehnung darauf. Außerhalb Europas wiederum ist schon trachtartige Landhausmode fast ein Markenzeichen Deutscher Tradition, also häufig positiv besetzt. Brauchtum ist ein kostbares, erhaltenswertes Erbe. Aber die Tracht war eben auch im 3. Reich zentrales Corporate Design Element. Die Bewertung ist also nicht einfach.

Bedeutung fürs Marketing
Entscheidungen für oder gegen eine Marke, für oder gegen eine Kaufentscheidung hängen maßgeblich davon ab, dass sich der Betrachter beim 1. Kontakt wohl fühlt, mit dem Produkt sympathisiert und keine störenden Irritationen entstehen. Authentizität ist wichtig, sollte aber dennoch in ihrer Außenwirkung geprüft werden. Ob also die extrem traditionelle Darstellung der Imagekampagne des Bayerischen Jagdverbandes wirklich sein Ziel erreicht, Sympathien für den Verband zu gewinnen, bleibt für mich fraglich. Und wenn ja, bei welcher Zielgruppe? Eher wirkt es wie ein Satireplakat...

Die Zielregion ist bedeutend für die visuelle Umsetzung
Regionale Eigenheiten sind wichtige Faktoren, wenn es um Gestaltung geht. Bei unserer Verpackungsstudie Bio Lebensmittel ist dies deutlich zum Ausdruck gekommen: Der Norden mag es klarer, kühler, aufgeräumter, der Süden rustikaler, verspielter, traditioneller: farblich, haptisch, bildlich, typografisch.

Ein Beispiel zur oben beschriebenen Fragestellung habe ich gestern Abend in der Münchner S-Bahn entdeckt. Im Original und - von Münchner Passanten in Oberbayern - bereits kommentiert. "Nazi" steht oben über den Köpfen der Herren... Das war wohl kaum die Botschaft, die ankommen sollte. Geht die Vermittlung und Interpretation von Tradition und Heimat in Bayern wirklich nur auf diese austauschbare und negativ besetzte Art und Weise? Ein Trauerspiel! Man nehme sich ein Beispiel an Südtirol.

Eine Station weiter das ebenso eigentümlich Motiv des Bayerischen Fernsehens, ein Kampagnenmotiv zur Sendung quer. Auch hier kommentiert mit dem Satz: "Schnaps das war mein letztes Wort..."
Oh mei, es gibt sooo viele gute Kreative in München, auch hier wird systematisch am konservativen Image des Senders gearbeitet. "quer ist das politische, kritische, bayerische Magazin vom BR", heißt es auf der Website. Die Plakatkampagne ist weder politisch, noch kritisch noch mit Hirn quer. Schade drum! Der Sender hat bedeutend mehr zu bieten als dieses Niveau.





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